KONICA MINOLTA DIGITAL CAMERAIch schreibe hier aus der Sicht eines kaufmännischen Freiberuflers. Im Bereich IT laufen die Dinge möglicherweise anders.



Offensichtlich gibt es immer noch Agenturen, Provider, Vermittler für Freiberufler. Das Personalkarussell dreht sich schnell, und einige Agenturen sind kurzlebig und es gibt eine Reihe von Problemen auf dem Markt. Aber wenn es immer noch welche gibt, heißt dies, dass wir sie immer noch brauchen.



Wozu aber?



Agenturen können, anders als Freiberufler, den ganzen Tag mit Vertrieb verbringen. Wir wissen alle, dass die Qualität der Vertriebsprozesse durchaus unterschiedlich ist, aber diejenigen mit schlauen Prozessen haben die Ressourcen, eine hohe Reichweite aufzubauen und ein großes Netzwerk von Kunden nachhaltig zu pflegen, nachhaltiger als eine Einzelperson das kann.




Ja, es ist auch bei mit der Eindruck entstanden, dass bei manchen Agenturen die nachhaltige Netzwerkpflege einer hit-and-run-Mentalität gewichen ist, aber nicht bei allen.



Agenturen können die Kunden in größerer Anzahl filtern und spitz bewerben – zumindest diejenigen, die es können.



Und, ja, es gibt Provider, die nur passiv auf Kundenanfragen reagieren. Selbst dann ist in vielen Fällen der Provider immer noch die wahrscheinlichere Anlaufstelle für den potenziellen Kunden als der Freiberufler selbst, weil der Angebots-Pool größer ist und weil der Kunde auch keine Lust hat, selbst 20 Profile zu recherchieren. Außerdem werden viele Kunden bei der Agentur eine höhere Nutzenvermutung haben. Ob diese erfüllt wird, das läuft mal so, mal so.



Zumindest ca. 2005-2009 gab es eine Reihe von Vertriebs-Profis in den Agenturen, die sich darauf verstanden, Projekte zu verkaufen. Einige Agenturen haben besonders in 2012 und 2013 eine Reihe junger blonder Frauen eingestellt, die auf den Fotos aussehen wie 19 und am Telefon klingen wie 16, aber ich bezweifle, dass sich damit ein nachhaltiges
Projektgeschäft aufbauen lässt. Die erfahrenen Vermittler gehen zu den wirklich guten Agenturen oder machen eigene Unternehmen auf.



Sparen die Provider Vertriebs-Aufwand? In meinem Fall, ja. Einerseits ist es für mich natürlich ratsam, selbst nach Kunden zu suchen, und damit sollte ich auch nicht aufhören, aber in meinem Fall hatten die vermittelten Projekte immer noch deutlich höhere Deckungsbeiträge als in Eigenakquise gewonnene Aufträge, und das NACH Marge. Und die Agenturen waren für mich sehr erfolgreich im Einsatz.



Die Listung bei einer Agentur bringt häufig einen Vertrauensvorschuss beim Kunden. Auch hier, es kann so oder so laufen.



In Konzernstrukturen kommt man in den meisten Fällen ohne die Provider überhaupt nicht hinein; im Einkauf sind meistens Provider vorgeschaltet und haben einen Extra-Verkaufsmuskel.



Ja, wir bezahlen Margen. Je nach Markt kostet Vertrieb 15-35% vom Umsatz. Ich persönlich finde das fair und angemessen.



Ja, wir kriegen falsche Versprechungen, wie auch von potenziellen Partnern. „Ich rufe Dich GANZ BESTIMMT zurück.“ Jaja, blabla. Wenn ich auf ihrer Prio-Liste nach unten rutsche, kommt kein Rückruf. „Aber Du hast es versprochen, bäh bäh bäh…“ Jaja. Get over it.



Eine große noch nicht ausgestandene Krise der Agenturen liegt möglicherweise darin, dass das Umsatzpotenzial im kaufmännischen Bereich immer noch überschätzt wird und der Erklärungsbedarf andererseits unterschätzt wird. Die Qualität des Abstimmprozesses insbesondere hinsichtlich der geforderten Skills ist jedenfalls an einigen Stellen katastrophal.



Dennoch bin ich froh, ein paar Vertriebspartner zu haben, die ich ernst nehmen kann und die etwas bringen.