Was immer in Ihrer Projektanforderung steht: Vergessen Sie es und fragen Sie nach!



Neulich erhalte ich eine Email von einem Interims-Provider mit einer Projektanforderung. Explizit gelistet sind vier Skills, die ich mitbringen soll. Kann ich alles. Ich melde also zurück: Kann ich abdecken.



Da ich aber bereits einiges über das wirkliche Leben gelernt habe, bitte ich um Erlaubnis, den Kunden anzurufen, um Details abzuklären. Im Telefonat zeigt sich: Die brauchen nicht mich (Controller mit intensiven IT-Anwenderkenntnissen), die brauchen 1. einen Experten für internationales Steuerrecht und 2. einen IT-Entwickler. Ich bleibe zunächst freundlich und unverbindlich, um den Provider nicht schlecht aussehen zu lassen (er hat ja die Anforderungen unzutreffend aufgenommen).



Ich melde das dem Provider zurück. Provider sagt erstmal gar nichts. Dann kurze email: „Wie Sie selber sagen, können Sie das Projekt nicht machen. Also sagen wir Ihnen ab.“ Kein Danke, kein Kommentar. Schließlich hat meine Intervention das Projekt davor bewahrt, in einem Desaster zu enden und den Provider schlecht aussehen zu lassen. Whatever.



Was mich lange Zeit irritiert hat, sind recht unbestimmte Anforderungen wie „hervorragende Excel-Kenntnisse“. Der eine meint damit das Ziehen von Spaltensummen, der andere die Programmierung von komplexen Makros. In einem Projekt wurde „verhandlungssicheres Englisch“ gefordert – konkrete Bedeutung: Ich sollte wissen, was ein P&L-Statement ist.



Woher kommen diese Unstimmigkeiten? Manche Informationen bleiben auf ihrem Weg zum Empfänger stecken. Manche Prozesse sind nicht schlau entworfen. In sehr großen Unternehmen werden diese Anforderungen mitunter von Personalabteilungen verfasst, die noch einen Schritt weiter von der eigentlichen Aufgabe entfernt sind.

Deshalb frage ich grundsätzlich nach, was konkret mit den genannten Anforderungen gemeint ist.

Mir ist wichtig, jeden im Akquiseprozess so zu behandeln, dass er das Gesicht wahren kann. Deshalb frage ich freundlich, sachlich, und möglichst unterstützend. Meist steht hinter lückenhafter Kommunikation keine böse Absicht, sondern eher mangelnde Kenntnis über das Projekt und dessen fachliche Notwendigkeiten, manchmal auch suboptimal gesteuerte Vertriebsprozesse oder schlicht mangelnde Zeit der Beteiligten, ausführlicher zu kommunizieren. In diesem Fall kann mein Nachfragen eine Dienstleistung sein, weil es hilft, das Projekt zu klären.



Ebenso kann kluges Nachfragen beim Kunden mehr Vertrauen erzeugen, wenn er merkt, dass ich mir Gedanken mache und dem Projekt voran helfen will.



Wer also nicht in einem Projekt landen will, wo er nicht hingehört, dem empfehle ich das Nachfragen.



Viel Erfolg!